Menschen mit Migrationshintergrund werden nicht adäquat.versorgt Offener Brief an die rheinland-pfälzischen Mitglieder des Bundestages, deren Parteien an den Koalitions- verhandlungen beteiligt sind | Rheinland-Pfalz, Nov. 2021 Sehr geehrte Damen und Herren, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, die psychisch erkrankt sind, werden in unserem Gesundheits- system aktuell nicht adäquat versorgt und kommen im Regelsystem vielfach nicht an. Dies ist auch in Rheinland-Pfalz der Fall. Besonders betroffen sind psychisch kranke Menschen, deren Gesundheitsversorgung nach Asylbewerber- leistungsgesetz geregelt wird, und Menschen mit Migrationsgeschichte, deren Kenntnisse der deutschen Sprache für eine Behandlung auf Deutsch nicht ausreichend sind. Die Asylrechtsverschärfungen durch das Asylpaket II und das Geordnete-Rückkehr-Gesetz haben zudem zur Folge, dass psychologische Stellungnahmen bei den Verwaltungsgerichten kein Gehör mehr finden, da sie den „Anfor- derungen“ eines qualifizierten fachärztlichen Attestes angeblich nicht genügen. Dies führt in der Praxis regelmäßig dazu, dass schwere Erkrankungen und Traumata im Asylverfahren nicht berücksichtigt werden. Es droht den Betroffenen Abschiebung trotz schwerer Krankheit und besonderer Schutzbedürftigkeit. Mit diesen schwerwiegenden Zugangshindernissen sehen sich auch die Mitarbeitenden (Therapeut:innen, psychosoziale und Verfahrensberater:innen etc.) der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge (PSZ) in RLP tagtäglich konfrontiert. Wir schließen uns der Einschätzung der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) an und stellen fest, dass Deutschland Geflüchtete und Überlebende von Folter und Krieg nicht ausreichend schützt und den internationalen vertraglichen wie auch den eigenen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Nachhaltig zielführende gesetzliche Änderungen können nur auf Bundesebene erreicht werden. Wir fordern Sie daher auf, die neu zu bildende Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen und sich für eine Aufnahme unserer Forderungen in die Koalitionsverhandlungen stark zu machen: 1 | Sprachmittlung für fremdsprachige Patient:innen muss — analog zum Gebärdendolmetschen für Gehörlose — im Rahmen der Gesundheitsversorgung als Leistung im SGB V geregelt werden Unter-, Über- oder Fehlversorgung sind bekannte Folgen fehlender oder mangelnder Sprachmittlung, die zu Verschlechterungen und Chronifizierung von Erkrankungen führen können und im Bereich der psychischen Erkrankungen nicht selten eine teurere „Übermedikalisierung“ und erhöhte Kosten für die stationäre sowie die ambulante Therapie verursachen (u.a. „Drehtüreffekt“ bei stationären Aufenthalten). Diese Folgen sind vermeidbar. Es bedarf hier dringend eines bundesweiten gesetzlichen Anspruchs auf professionelle Sprachmittlung. 2 | Die Asylrechtsverschärfung in Bezug auf Atteste muss zurückgenommen werden Geflüchtete müssen in ihrem Asylverfahren mittels Attest belegen, dass sie schwer erkrankt oder traumatisiert sind. Die Anforderungen an diese Atteste sind praktisch kaum noch zu erfüllen. Die Zurückweisung umfangreicher Stellungnahmen von Psychotherapeut:innen — obwohl diese ausdrücklich dazu befähigt und berechtigt sind — ist fachlich nicht nachvollziehbar. 3 | Stärkeres Engagement des Bundes bei der Finanzierung der Angebote der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer Außerhalb der Leistungen des regulären Gesundheitssystems angesiedelt, erbringen die Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer mit ihrem multiprofessionellen und ganzheitlichen Ansatz Komplexleistungen, die eine not- wendige und sinnvolle Ergänzung der Gesundheitsversorgung darstellen bzw. eine faktisch vorhandene Versorgungslücke schließen. Die Zentren erhalten seitens des Bundes finanzielle Unterstützung für ihre Arbeit aus den Mitteln des AKUT- und Standardprogramms. Diese sind in der Höhe jedoch nicht ausreichend. Angesichts dauerhafter Herausforderungen in diesem Bereich sollten beide dringend in ein umfassendes Regelprogramm umgewandelt werden.
Die Fachstelle in Trägerschaft des Caritasverbands Rhein-Mosel-Ahr e.V. wird gefördert vom Land Rheinland-Pfalz und der UNO-Flüchtlingshilfe
Menschen mit Migrationshintergrund werden nicht adäquat.versorgt Offener Brief an die rheinland-pfälzischen Mitglieder des Bundestages, deren Parteien an den Koalitionsverhandlungen beteiligt sind | Rheinland-Pfalz, Nov. 2021 Sehr geehrte Damen und Herren, Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, die psychisch erkrankt sind, werden in unserem Gesundheits- system aktuell nicht adäquat versorgt und kommen im Regel- system vielfach nicht an. Dies ist auch in Rheinland-Pfalz der Fall. Besonders betroffen sind psychisch kranke Menschen, deren Gesundheitsversorgung nach Asylbewerberleistungs- gesetz geregelt wird, und Menschen mit Migrations- geschichte, deren Kenntnisse der deutschen Sprache für eine Behandlung auf Deutsch nicht ausreichend sind. Die Asylrechtsverschärfungen durch das Asylpaket II und das Geordnete-Rückkehr-Gesetz haben zudem zur Folge, dass psychologische Stellungnahmen bei den Verwaltungs- gerichten kein Gehör mehr finden, da sie den „Anfor- derungen“ eines qualifizierten fachärztlichen Attestes angeblich nicht genügen. Dies führt in der Praxis regelmäßig dazu, dass schwere Erkrankungen und Traumata im Asyl- verfahren nicht berücksichtigt werden. Es droht den Betroffenen Abschiebung trotz schwerer Krankheit und besonderer Schutzbedürftigkeit. Mit diesen schwerwiegenden Zugangshindernissen sehen sich auch die Mitarbeitenden (Therapeut:innen, psychosoziale und Verfahrensberater:innen etc.) der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge (PSZ) in RLP tagtäglich konfrontiert. Wir schließen uns der Einschätzung der Bundesweiten Arbeitsgemeinschaft Psychosoziale Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (BAfF e.V.) an und stellen fest, dass Deutschland Geflüchtete und Überlebende von Folter und Krieg nicht ausreichend schützt und den internationalen vertraglichen wie auch den eigenen gesetzlichen Verpflichtungen nicht nachkommt. Nachhaltig zielführende gesetzliche Änderungen können nur auf Bundesebene erreicht werden. Wir fordern Sie daher auf, die neu zu bildende Bundesregierung in die Pflicht zu nehmen und sich für eine Aufnahme unserer Forderungen in die Koalitionsverhandlungen stark zu machen: 1 | Sprachmittlung für fremdsprachige Patient:innen muss — analog zum Gebärdendolmetschen für Gehörlose — im Rahmen der Gesundheitsversorgung als Leistung im SGB V geregelt werden Unter-, Über- oder Fehlversorgung sind bekannte Folgen fehlender oder mangelnder Sprachmittlung, die zu Verschlechterungen und Chronifizierung von Erkrankungen führen können und im Bereich der psychischen Erkrankungen nicht selten eine teurere „Übermedikalisierung“ und erhöhte Kosten für die stationäre sowie die ambulante Therapie verursachen (u.a. „Drehtüreffekt“ bei stationären Aufent- halten). Diese Folgen sind vermeidbar. Es bedarf hier dringend eines bundesweiten gesetzlichen Anspruchs auf professionelle Sprachmittlung. 2 | Die Asylrechtsverschärfung in Bezug auf Atteste muss zurückgenommen werden Geflüchtete müssen in ihrem Asylverfahren mittels Attest belegen, dass sie schwer erkrankt oder traumatisiert sind. Die Anforderungen an diese Atteste sind praktisch kaum noch zu erfüllen. Die Zurückweisung umfangreicher Stellungnahmen von Psychotherapeut:innen — obwohl diese ausdrücklich dazu befähigt und berechtigt sind — ist fachlich nicht nach- vollziehbar. 3 | Stärkeres Engagement des Bundes bei der Finanzierung der Angebote der Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer Außerhalb der Leistungen des regulären Gesundheitssystems angesiedelt, erbringen die Psychosozialen Zentren für Flücht- linge und Folteropfer mit ihrem multiprofessionellen und ganzheitlichen Ansatz Komplexleistungen, die eine not- wendige und sinnvolle Ergänzung der Gesundheits- versorgung darstellen bzw. eine faktisch vorhandene Versorgungslücke schließen. Die Zentren erhalten seitens des Bundes finanzielle Unter- stützung für ihre Arbeit aus den Mitteln des AKUT- und Standardprogramms. Diese sind in der Höhe jedoch nicht ausreichend. Angesichts dauerhafter Herausforderungen in diesem Bereich sollten beide dringend in ein umfassendes Regelprogramm umgewandelt werden.
Die Fachstelle in Trägerschaft der Caritas RMA wird gefördert vom Land RLP und der UNO-Flüchtlingshilfe